Der Brauch des Gautschen

Der Gautschakt

Zum Brauch des Gautschen erläutert der  Bundesverband Druck und Medien:

Drucker haben einen besonderen Stolz auf die Jahrhunderte alte und bedeutungsvolle Kunst ihres Schaffens. Sie mussten früher über einen besonderen Grad an Bildung und Wissen verfügen und hatten schon immer einen sehr engen Kontakt mit der Geisteswelt, mit Akademikern und Studenten. So kam es, dass mancherlei Zunftbräuche der Drucker mit Gebräuchen zusammenhängen, die sie den Studenten abgeschaut haben. Diese Bräuche haben sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Meister und Gesellen nehmen seit Jahrhunderten die Lehrlinge nach Abschluss der Lehrzeit mit dem Brauch des Gautschens in ihren Kreis auf.

Für dieses Ereignis wird in den Druckereien ein Gautschmeister ernannt. Er zieht einige Gesellen ins Vertrauen, lässt einen Bottich mit Wasser füllen und im Hof aufstellen. Auf das Kommando des Gautschmeisters packen vier Gesellen den Gäutschling, tragen ihn unter Begleitung aller Kollegen in den Hof und setzen ihn in den Bottich. Innerhalb weniger Minuten ist der Spuk vorbei. Die Arbeit geht wieder weiter, als ob nichts geschehen wäre. Nur der Gäutschling muss noch die Kleider wechseln. In den darauf folgenden Tagen wird das Gautschfest gemeinschaftlich von den Gäutschlingen und Kollegen vorbereitet. Essen, Trinken und fröhliche Lieder umrahmen die feierliche Zeremonie der Übergabe des Gautschbriefes. Er bewahrt den Gesellen davor, noch mal ins Wasser geworfen zu werden. Bei jeder Gautschfeier müssen die Altgesellen selbstverständlich ihren Gautschbrief vorzeigen, sonst wird die Taufe wiederholt. Nach altem Brauch und Sitte werden zur Festlichkeit nur die gegautschten zünftigen Kollegen eingeladen, zumal der oder die Gäutschlinge das Fest allein zu bezahlen haben. Oft kommt auch der Chef mit einem angemessenen Betrag zu Hilfe. Freibier wird immer gern getrunken, das garantiert einen fröhlichen Festabend.

Wer darf gegautscht werden?

Sind Mediengestalter würdig für die Taufe, dürfen Buchbinder gegautscht werden? Die Frage, wer würdig ist, wird nicht erst seit Bestehen des Ausbildungsberufes Mediengestalter diskutiert. Ursprünglich wurden nur Buchdrucker gegautscht, wobei der Beruf zwei Berufe in sich vereinigte, den Schriftsetzer und den Drucker. Nach dem daraus zwei Berufe entstanden sind, konnten auch die Schriftsetzer die Wassertaufe adposteriorum erhalten. Alle Vorstufenberufe sind heute im „Mediengestalter für Digital- und Printmedien“ aufgegangen, weshalb es sicherlich gerechtfertigt ist, dass diese auch einen Gautschbrief erhalten. Buchbinder haben seit eh und je stolz darauf hingewiesen, dass das Gautschen sich eigentlich aus dem Papiermachen ableitet und sie insofern die älteren Rechte bezüglich des Gautschbrauchtums hätten. Letztlich kommt es darauf an, was man in der Wassertaufe verspricht. Man soll den Unfug, die Fehlerhaftigkeit, die Murkserei und Hudelei der Lehrzeit beseitigen. Fehler und Makulatur soll es nach dem Gautschfest nicht mehr geben.

Quelle: Bundesverband Druck und Medien e.V.

Fotos: Ingolf Erdmann, Weißenfels

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